Vielfalt bei der Deutschen Bahn hat weltweit rund 337.000 Gesichter.

Martin Seiler, Vorstand Personal und Recht bei der Deutschen Bahn im Gespräch mit Matthias Weber, Vorsitzender des Vorstands Völklinger Kreis e. V. aus Anlass der Verleihung des Max-Spohr-Preises für Diversity 2022.

 

Matthias Weber: Lieber Martin Seiler, der Deutschen Bahn wurde als einem der ersten Unternehmen in Deutschland 2004 der Max-Spohr-Preis verliehen. Bereits damals war die Bahn in Sachen Diversity-Management, gerade hinsichtlich der LGBTIQ* Community vorbildlich für die Unternehmen in Deutschland. Achtzehn Jahre sind seither vergangen. Eine neue Generation von Mitarbeiter:innen hat seither ihren Platz bei der Bahn gefunden. Wie würden Sie die Entwicklung des Diversity-Managements seit damals beschreiben?

Martin Seiler: Seit 2004 hat das Thema Vielfalt starken Aufwind bekommen. Wir haben 2018 das Thema Diversity neu aufgesetzt und in unserer Konzernstrategie „Starke Schiene“ verankert. Als übergreifendes Querschnittsthema im Gesamtkonzern wird Diversity bei all unseren Entscheidungen mitgedacht. Dieses Jahr wurde schon der 10. Deutsche Diversity Tag gemeinsam mit der Charta der Vielfalt gefeiert. Auch das erfüllt mich mit Stolz, denn in den letzten Jahren wurde auch in der Wirtschaft viel erreicht und es ist deutlich geworden: Ohne Vielfalt ist ein Unternehmen nicht zukunftsfähig!

Die größte Entwicklung sehe ich darin, dass das Thema Diversity es nicht nur auf die Agenden in der Wirtschaft geschafft hat, sondern von dort auch nicht mehr wegzudenken ist. Bei der Deutschen Bahn ist das Thema Vielfalt und auch unser Engagement für die LGBTIQ*-Mitarbeitenden und Community mit klaren Maßnahmen hinterlegt. Diese bündeln wir in unserer Konzerninitiative „Einziganders.“ Vielfalt bei der Deutschen Bahn hat weltweit rund 337.000 Gesichter – für uns sind alle #Einziganders. Unter unserem Dach arbeiten Menschen aus vier Generationen, aus über 100 Kulturkreisen und unterschiedlichsten Glaubensrichtungen erfolgreich zusammen.

Das Diversity ein fester Bestandteil unserer Konzernstrategie ist, war 2004 noch eine Vision – heute ist es selbstverständlich. Das freut mich enorm, denn ich bin überzeugt: je diverser ein Unternehmen, desto erfolgreicher ist es. Bei der DB erlebe ich das jeden Tag.

 

„Seit 2021 gibt es bei der DB den Leitfaden für die Transition im Job.“

 

Matthias Weber: Letztes Jahr hat vor allem der Regenbogen ICE deutschlandweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Soweit mir bekannt, fährt dieser auch weiterhin durch das Land. Auch nimmt die Beflaggung der Bahnhöfe mit Regenbogenfahnen während der Pride-Season zu. Doch das sind nur die offensichtlichsten LGBTIQ*-Diversity-Maßnahmen der Bahn. Welche weiteren internen Maßnahmen, Projekte, Aktionen, von welchen die breite Öffentlichkeit kaum oder sogar nichts weiß, finden Sie besonders erwähnenswert?

Martin Seiler: Ich finde es persönlich unheimlich wichtig, Flagge und damit auch als Unternehmen Haltung zu zeigen. Ich freue mich sehr, dass mit jedem Jahr mehr Bahnhöfe unsere Fahrgäste mit Regenbogenfahnen begrüßen. Dieses Jahr sind es rund 100. Damit setzen wir als Deutsche Bahn ein klares Zeichen für Akzeptanz und Respekt gegenüber der LGBTIQ*-Bewegung und der Vielfalt an sexuellen Orientierungen sowie geschlechtlichen Identitäten. Und zeigen klar: bei der Deutschen Bahn sind alle willkommen – das gilt für unsere Mitarbeitenden wie Fahrgäste gleichermaßen. Mit dem Regenbogen-ICE würdigt die DB das langjährige Engagement der Mitarbeitenden, die sich innerhalb und außerhalb des Konzerns für Vielfalt und Toleranz einsetzen.

Es war uns auch ein besonderes Anliegen, dass der Regenbogen ICE nicht nur zur Pride Season in Deutschland unterwegs ist, sondern ganzjährig und auf unbestimmte Zeit  – und so seine wichtige Botschaft auch weiterhin durch die Republik trägt.

Als Personalvorstand ist es mir ein zentrales Anliegen, dass sich unsere Mitarbeitenden mit all ihren Facetten, vielfältigen Kompetenzen und ganz individuellen Stärken bei der DB einbringen können. Dazu braucht es eine respektvolle und vertrauensvolle Unternehmenskultur, in der offene und verdeckte Diskriminierungen gegenüber sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten keinen Platz haben.

Seit 2021 gibt es bei der DB den Leitfaden für die Transition im Job. In der Zusammenarbeit mit Trans* Mitarbeitenden konnten wir Prozesse nachhaltig für die Transition im Job anpassen und vereinfachen. Wir haben eine Plattform für trans, inter und non-binary Personen eingerichtet, auf der sich unsere Mitarbeitenden in einem geschützten Rahmen unterstützten und vernetzen können Außerdem bieten wir interne Beratungsangebote an. Die Teilnahme ist gegenüber der DB anonym.

Im dritten Jahr bin ich Teil der Jury für die Top Out Executives. Ich durfte natürlich nicht für DB Kolleg:innen voten, trotzdem haben vier Führungskräfte der DB es unter die 100 geschafft, auf die ich sehr stolz sind. Als DB wollten wir es uns auch nicht nehmen lassen, die Prout@work Konferenz 2021 Jahr zu hosten. Um neue Kolleg:innen aus der LGBTIQ* Community direkt zu gewinnen, nehmen wir jährlich an der Sticks&Stones Karriere Messe teil.

Und last but not least nehmen wir als Deutsche Bahn an sechs CSD Paraden teil. Damit erfüllen wir auch einen Wunsch unserer, im LGBTIQ* Mitarbeitenden-Netzwerk Railbow engagierten, Kolleg:innen  und ich persönlich finde es sehr wichtig, so viel Engagement auch gebührend zu feiern.

 

„In Zeiten des Umbruchs ist das Zeigen von Haltung wichtiger denn je.“

 

Matthias Weber: Erfolgreiches Diversity-Management ist vor allem auch eine Herausforderung an die Unternehmenskultur. Diese wird vorrangig geprägt durch die Führungskräfte und die Mitarbeiter:innen. Wie schafft es dieser riesige Konzern Deutsche Bahn in seiner Vielgliedrigkeit, diesen Herausforderungen zu begegnen?

Martin Seiler: Mir liegt das Thema Diversität besonders am Herzen und ich bin froh, dass wir uns als Gesellschaft heute deutlich intensiver damit beschäftigen. Denn: der bewusste Umgang mit Vielfalt, bedeutet eine offene Gesellschaft, in der jeder Mensch nicht nur akzeptiert, sondern auch aktiv integriert ist. Eine Welt, in der wir alle gleich aussehen, alle die gleichen Fähigkeiten haben und gleich denken, wäre ziemlich eintönig. Erst die Vielfalt macht die Gesellschaft und unser Leben doch so interessant und bunt. Und das gilt auch besonders für Krisen- und Kriegszeiten, in denen Solidarität und Unterstützung gefragt ist.

In Zeiten des Umbruchs ist das Zeigen von Haltung wichtiger denn je. Sie gibt Orientierung und führt zu Zielen, die wir als Unternehmen, aber auch als Gesellschaft brauchen. Besonders wichtig ist dies im Wandel oder im Rahmen von Transformationsprozessen. Die Haltung fungiert als Schlüssel zu einer positiv gelungenen Veränderung.

Als DB haben wir beispielsweise ein internes Programm der DB Akademie zur Orientierung von Führungskräften zur Verantwortungsübernahme, initiiert. Ein anderes Beispiel ist die jährliche konzernweite Diversity Woche für unsere weltweit mehr als 337.000 Mitarbeitenden. In eben dieser Woche finden zahlreiche interne Events und Maßnahmen zum Thema Vielfalt statt und alle Mitarbeitenden sind herzlich eingeladen, sich aktiv einzubringen.  Ziel ist es, unbewusste Vorurteile abzubauen und für ein offenes, tolerantes und starkes Miteinander zu sorgen.

Ich wünsche mir, dass wir als Deutsche Bahn mit unserem Bekenntnis zur Vielfalt ein positives Zeichen setzen, welches auch andere davon überzeugt, dass Vielfalt das ist, was uns als Gesellschaft stärker macht.

Matthias Weber: Besten Dank für das Gespräch!