„Vielfalt ist unser Vorteil.“

Filiz Albrecht, Geschäftsführerin und Arbeitsdirektorin der Robert Bosch GmbH im Gespräch mit Matthias Weber, Vorsitzender des Vorstands und Diversity-Vorstand des Berufsverbandes Völklinger Kreis e. V. aus Anlass der Verleihung des Max-Spohr-Preises für Diversity 2022.

 

Matthias Weber: Liebe Frau Albrecht, ich freue mich sehr, dass Sie dieses Jahr Teil unserer Max-Spohr-Preis-Jury sind. Als Geschäftsführerin und Arbeitsdirektorin der Robert Bosch GmbH vertreten Sie ein Unternehmen, welches 2020 selbst mit dem Max-Spohr-Preis ausgezeichnet wurde. Ich kann mich noch sehr gut an die Bewerbung der Robert Bosch GmbH erinnern. In der Jury waren wir besonders beeindruckt von der international gelebten Vielfalt in der Unternehmenskultur der Robert Bosch GmbH, gerade auch in Ländern wie Japan, in denen eher Firmen mit doch eher traditionelleren Unternehmenskulturen die Landschaft prägen. Ihr Unternehmen gilt als Vorreiter für Diversity-Management, genau darum geht es uns bei der Vergabe des Max-Spohr-Preises.

Frau Albrecht: Hallo Herr Weber, vielen Dank für die Einladung zu diesem Austausch. Ich habe mich sehr darüber gefreut, da die Auszeichnung mit dem Max-Spohr-Preis eine große Ehre und eine Anerkennung unseres Engagements für Vielfalt und Wertschätzung und gegen Diskriminierung war und ist. Besonders gefreut habe ich mich für unser LGBT*IQ Netzwerk b:proud, das sich sowohl in Deutschland als auch international für Diversity und LGBT*IQ bei Bosch stark macht und gemeinsam mit dem Diversity, Equity & Inclusion Team und mir die Arbeitskultur gestaltet. Wir haben beim Thema Vielfalt von Anfang an auf eine länder-übergreifende Zusammenarbeit gesetzt und unser DEI Team hat hier mit unserem weltweiten Diversity Koordinator:innen Netzwerk wirklich einen Meilenstein gesetzt, von dem auch unsere zahlreichen Mitarbeitenden-Netzwerke profitieren. Unsere Bosch-Werte gelten für alle Beschäftigte, egal an welchem Standort oder in welchem Land sie arbeiten. Uns ist eine offene und wertschätzende Arbeitskultur sehr wichtig, in der alle authentisch sein und sich mit ihren Talenten und Kompetenzen einbringen können. Denn ich bin absolut davon überzeugt: Vielfalt ist unser Vorteil.

Matthias Weber: Seit den zwanzig Jahren seines Bestehens haben sich dem Max-Spohr-Preis viele weitere Preise für Diversity hinzugesellt. Unser spezieller Fokus liegt beim Max-Spohr-Preises auf den angewandten Instrumenten und Maßnahmen zur Förderung der Kerndimension „sexuelle und geschlechtliche Identität“ und Programmen für LGBTIQ* Mitarbeiter:innen. Welche Aspekte und Erfahrungen prägen Ihre Sicht als Jury-Mitglied auf die diesjährigen Bewerber:innen?

Frau Albrecht: Für mich ist Diversity nicht nur eine Checkbox, an die ich einen Haken setze, sondern eine echte Herzenssache. Aus diesem Grund engagiere ich mich sowohl intern als auch extern für Vielfalt. Das Thema LGBT*IQ ist mir hierbei besonders wichtig. Wir wissen aus Studien und Befragungen, dass ein Drittel der LGBT*IQ-Beschäftigten in Deutschland Diskriminierung am Arbeitsplatz erleben. Das ist für mich so nicht akzeptabel und deshalb möchte ich ein Zeichen setzen für ein inklusiveres Arbeitsumfeld. Diese Überzeugung hat auch meine Sicht als Jury-Mitglied geprägt. Es ist unheimlich wichtig, dass die Geschäftsführung wirklich hinter Diversity und LGBT*IQ steht – es darf nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. Ich bin u. a. Sponsorin unseres LGBT*IQ Netzwerkes b:proud und wir haben einen engen und regelmäßigen Austausch. Da ich weiß, wieviel beide Seiten von diesem Austausch lernen und profitieren, ist das für mich ein wichtiger Punkt bei der Bewertung. Engagement ist gut, aber in Kombination mit einer Diversity-Struktur wird Diversity-Management erst erfolgreich. Und ja, für mich gehören dazu auch Awareness Trainings, aber nicht nur. Gerade beim Thema LGBT*IQ gibt es immer noch viele Berührungsängste – diese gilt es zu überwinden, z. B. mit einem starken Netzwerk und Role Models, die offen mit ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität umgehen und andere unterstützen. Weiterhin kommt uns Führungskräften eine große Verantwortung zu, wir müssen uns als LGBT*IQ Allies stark machen.

Matthias Weber: In der diesjährigen Preisausschreibung setzen wir einen weiteren Fokus auf die kleinen und mittleren Unternehmen, die KMU. 98% der Unternehmen in Deutschland zählen dazu. Wie sehen Sie die Erweiterung des Preises auf diese Zielgruppe, die bisher nur in wenigen Formaten dieser Art beleuchtet wird?

Frau Albrecht: Ich finde es total klasse, dass es jetzt auch einen Preis in der Kategorie KMU gibt. Mit rund 3,5 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland sind sie ein sehr wichtiges Rückgrat unserer Wirtschaft und mit diesem Preis setzen wir nun zusammen ein starkes Statement für Vielfalt – auch in den KMUs. Für mich spiegelt das ganz klar die Realität wider, denn LGBT*IQ geht alle an. In der Jury konnten wir an den eingereichten Bewerbungen sehen, mit wie viel Engagement und Kreativität sich die kleinen und mittleren Unternehmen bereits für Vielfalt und LGBT*IQ-Belange einsetzen.

Die neue Kategorie ist eine große Chance – denn die Preisträgerin – so viel darf ich sicher schon verraten – ist ein wirklich exzellentes Role Model und Vorbild für gelebte Vielfalt. Sie setzt neue Impulse von denen andere KUMs lernen und sich inspirieren lassen. Es ist für uns alle eine große Chance, voneinander zu lernen und Erfahrungen und Ideen auszutauschen. Ich bin ein absoluter Fan von Arbeiten in Netzwerken, denn im Austausch mit anderen bekomme ich neue Ideen und Inspirationen. Wenn wir uns nun dank der stärkeren Sichtbarkeit von gelebter Vielfalt in kleinen und mittleren Unternehmen noch mehr miteinander vernetzen und voneinander lernen, profitieren wir alle davon – und dabei kommt es nicht auf die Größe des Unternehmens an. Denn ein mehr an Vielfalt ist ein Gewinn für uns alle.

Matthias Weber: Liebe Frau Albrecht – ganz herzlichen Dank für Ihr Engagement für den Max-Spohr-Preis und für dieses Interview.